Stellungnahme zur Empfehlung des Projektbeirats „Wochenmarkt“

14. November 2015 | von Kamran Salimi | Kategorie: Allgemein

Erstaunt, ja verärgert nehmen wir die Empfehlung des Projektbeirats zur Kenntnis. Als Entscheidungsgrundlage für die anstehenden Wirtschaftsausschuss- und Stadtratssitzungen ist das Papier unseres Erachtens ungeeignet. Statt einer nachvollziehbaren Evaluierung der beiden verbliebenen Alternativstandorte wurde ganz offensichtlich der Ist-Zustand des Bahnhofsplatzes mit einem noch nicht entwickelten Sollzustand der Rudolf-Breitscheid-Straße verglichen. Das Resultat ist als mundfertige „Standortempfehlung“ ein unstatthafter Vorgriff auf Diskussion und Entscheidung im Stadtrat, dem gleichzeitig die dafür notwendigen Informationen vorenthalten werden. Eine Machbarkeitsstudie, wie sie der Stadtrat ursprünglich im Januar 2015 beschlossen hatte, sieht anders aus (wirtschaftliche und technische Machbarkeit, zeitliche Umsetzbarkeit etc.).

Dieses eigenmächtige Vorgehen ist weder zielführend noch war es ergebnisoffen. Vielmehr drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass das Ergebnis präjudiziert war. Die Eile, mit der nun die Empfehlung des Beirats in den Wirtschaftsausschuss und den Stadtrat gebracht wird, trägt nicht gerade dazu bei, diesen Eindruck zu korrigieren. Für die in dieser Frage engagierten Vereine und Gruppierungen bleibt kaum Zeit zu reagieren. Doch das soll vielleicht auch so sein.   

Der Verein „Wir sind Fürth e.V.“ hatte für den Bahnhofsplatz („Centaurenmarkt“) einen detaillierten Vorschlag ausgearbeitet und veröffentlicht. Dagegen lag für die nach dem Ausscheiden der Konrad-Adenauer-Anlage („Schnabuliermarkt“) als Standort ins Spiel gebrachte Rudolf-Breitscheid-Straße ein vergleichbares Konzept bislang nicht vor. Die Beratungsfirma CIMA hat den an sie ergangenen Auftrag einer vergleichenden Machbarkeitsstudie offensichtlich missbraucht, um für die Rudolf-Breitscheid-Straße ein Konzept zu entwickeln, das allerdings in allen Aspekten so unscharf bleibt, dass ein Vergleich mit dem Vorschlag von „Wir sind Fürth e.V.“ nicht möglich ist. So fehlen Angaben zu den vorgesehenen Standgrößen, es werden keine Aussagen zum Brandschutz getroffen und hinter Müllentsorgung und Erschließung stehen ebenfalls große Fragezeichen.

Der „Standortvergleich“ bleibt alle Nachweise und Begründungen schuldig. Er ist deshalb in vielen Punkten überhaupt nicht nachvollziehbar: Wieso sollten beispielsweise die Stromversorgung und die Zu- und Abwasser-Infrastruktur am Bahnhofsplatz schlechter sein als in der Rudolf-Breitscheid-Straße, so wie es in der CIMA Bewertung beschrieben wird? Hätte man von der beauftragten Firma CIMA nicht erwarten dürfen, dass sie solche Einschätzungen begründet? Einige wenige Zeilen hätten schon genügt.

Zusätzlich ist es sehr bedauerlich, dass der Beirat hinter verschlossenen Türen tagte und es auch nicht für nötig hielt  die Ideengeber für die aktuellen Standortvorschläge, wie z.B. den Verein „Wir sind Fürth e.V.“ einzuladen, um sich sein Konzept und die zugrundeliegende Standortanalyse erläutern zu lassen. Ebenso wenig gab es eine öffentliche Veranstaltung oder Erörterung, auf der die beiden Alternativstandorte unter verschiedenen Gesichtspunkten hätten diskutiert werden können. Entgegen mehrfach anderslautender Bekundungen von Seiten der Stadtspitze wurde die Chance einer Bürgerbeteiligung wieder einmal nicht genutzt. Statt Bürgern saßen nur Funktionäre im Beirat. Noch nicht einmal ein Vertreter der Marktbeschicker, um die es eigentlich gehen sollte, fand Platz im Gremium.

Nach dieser Kritik  am Verfahren möchten wir auch Stellung nehmen zu inhaltlichen Aspekten der Empfehlung:

Der Wochenmarkt in der Rudolf-Breitscheid-Straße ist uns vor allem deshalb nicht sympathisch, da er an dieser Stelle die Konrad-Adenauer-Anlage von der Fürther Freiheit optisch abkoppelt. Er zerschneidet eine markante städtebauliche Konstellation, in der die gepflasterte Leerfläche und die grüne Innenstadtlunge wechselseitig aufeinander zu antworten scheinen.

Nicht minder kritisch sehen wir, dass der beidseitig längs der Rudolf-Breitscheid-Straße platzierte Markt sowohl der Freiheit als auch der Anlage seine unansehnliche Rückseite zukehrt. Diese Problematik wird in der Empfehlung überhaupt nicht erkannt.

Die Formulierung, dass das „Marktgeschehen … überwiegend im heutigen Straßenraum“ stattfinden soll, lässt die Alarmglocken schrillen. Die Konrad-Adenauer-Anlage ist unantastbar! Dies gilt nicht nur für ihre großen alten Bäume, sondern auch für die Blumenrabatten längs der Rudolf-Breitscheid-Straße. Wir teilen die Sorge des BUND Naturschutz, dass die „zeitweise Nutzung“ des „Antrittbereichs“ des Musikpavillons ein „Hintertürchen für eine im Laufe der Zeit womöglich verstärkte Inanspruchnahme der Grünanlage durch den Markt“ sein könnte, zumal in dem vorgelegten Konzept keine Aussagen über die Be- und Entladung sowie die Müllentsorgung getroffen wurden. Es drängt sich der Verdacht auf, dass diese Infrastrukturellen Maßnahmen hinter dem eigentlichen Standgeschehen Platz finden sollen – also in der Grünanlage der Konrad-Adenauer-Anlage.

Ein wesentlicher Aspekt, warum die Diskussion um den Standort überhaupt geführt wird, ist die Tatsache der dauerhaften Platzierung der Marktstände. Im Unterschied zum Bahnhofsplatz, der sich  über das ganze Jahr hinweg als Standort für das Marktgeschehen empfiehlt, würde der Markt in der Rudolf-Breitscheid-Straße nicht nur von der Kirchweih, sondern unter Umständen auch von anderen Veranstaltungen wie z.B. dem Metropolmarathon verdrängt. Dieses Problem ist nur durch bewegliche Verkaufsbuden zu lösen – auf Kosten der Attraktivität eines dauerhaften Marktes. Dabei stellt sich sogleich die Frage nach den Kosten für die erzwungene Mobilität.

Auch viele weitere Fragen bleiben offen (Abfall, Kühlräume etc.). Welches Raumkonzept antwortet beispielsweise auf die zwischen „Grundbetrieb“ und „Haupt-Marktzeiten“ schwankende Präsenz von Anbietern (permanente und nicht-permanente Stände)? Und welches Betreibermodell ist für den neuen Wochenmarkt vorgesehen? Werden sich die bisherigen Marktbeschicker den neuen Standort überhaupt noch leisten können?

„Wir sind Fürth e.V.“ fordert deshalb:

Bliebe am Ende noch das Milchhäusle: Warum um Himmels Willen muss es gentrifiziert werden?! Von „Revitalisierung“ ist in der Empfehlung die Rede, doch das Milchhäusle ist bereits vital. Daher lautet der Appell von Wir sind Fürth e.V. : “Lasst es einfach, wie es ist – egal, wo am Ende der Markt seinen Platz finden wird!
Dr. Thomas Heyden
Wir sind Fürth e.V.
1. Vorsitzender

 

Link:
Wochenmarktkonzept „Centaurenmarkt“ von „Wir sind Fürth e.V.“

Kommentare (0)

Hinterlasse einen Kommentar

Du musst eingeloggt sein um einen Kommentar zu hinterlassen.